Indoor-Lokalisierung: Ein Schlüssel zur Industrie 4.0. Was ist gerade wo zu finden? I.N. zeigt ‚smart practices‘
Produktivitätssteigerung, Erhöhung der Qualität, der Arbeitssicherheit sowie Kostenoptimierung – das alles sind Ziele, die durch eine smarte Anwendung von Lokalisierungstechnologien in Innenräumen erreicht werden können.
Folglich war das LogiMAT-Vortragsforum am 15.03.2018 mit mehr als hundert Fachbesuchern gut besucht, zu dem Dr.-Ing. Klaus Schmitt, Vorstandsmitglied im Intralogistik-Netzwerk in Baden-Württemberg e.V. und beruflich für die Pepperl + Fuchs GmbH tätig, weitere Experten eingeladen hatte.
Zum Auftakt berichtete Lutz Schütte über Pilotierungen mit zwei unterschiedlichen Lokalisierungslösungen in seinem Unternehmen, der PHOENIX Pharmahandel GmbH & Co KG. Trotz ausgereifter Algorithmen für die Lagerhaltung zeige die Praxis, dass die Schnelldreher nicht immer auf den am besten erreichbaren Plätzen bevorratet würden. Sein Ziel war es daher, die realen Kommissionierwege zu erfassen, um daraus ‚Heat-Maps‘ für eine optimierte Lagerhaltung zu generieren. Hierfür schaltete er den Handscannern seiner Mitarbeiter zwei unterschiedliche Sendertypen auf: zum Einsatz kamen marktgängige Bluetooth- und Ultraschall-Techniken. Untersucht wurden Lager mit der Größe von 400 qm, in denen jeweils 22 Empfänger positioniert worden waren. Dabei schnitt das akustische System in der Erfassungsgenauigkeit etwas besser ab als Bluetooth. Die installierten Systeme erbrachten ausreichend klare Informationen für die zurückgelegten Fußwege. Allerdings konnte der Zugriff auf die jeweiligen Fachböden damit nicht identifiziert werden. Die Installationen beanspruchten ein bis zwei Tage und ließen sich kabellos lösen. http://www.phoenixgroup.eu
Der Erfassungsgenauigkeit widmete sich Dietmar Deppisch von ecom instruments GmbH ausführlicher. Bluetooth Low Energy (BLE) wird derzeit bevorzugt für die Lokalisierung von Fahrzeugen und Personen wie z. B. Gabelstaplern eingesetzt. Das empfangene Signal schwanke relativ stark, weil die Beacons kein gleichmäßiges Abstrahlungsfeld hätten und zudem Körper und Metalle die Signale abschirmten. So werde nur eine Genauigkeit von circa 8 m erreicht. Als Smartphone-Standard sei es jedoch leicht verfügbar und müsse lediglich in eine Karte eingearbeitet werden, um eine Indoor-Lokalisierung zu ermöglichen. Würden Rechenverfahren zugeschaltet (mittels zusätzlicher Trilateration und/oder Erfassung der Signalstärke), könne die Genauigkeit bis auf rund 2 m gesteigert werden. Damit sei neben dem Positioning zusätzlich auch Tracking und Routing möglich. Werde anstelle einer clientseitigen Lokalisierung eine serverseitige Positionionsbestimmung eingerichtet und UWB anstelle von BLE verwendet, lasse sich die Genauigkeit auf 30 cm steigern, so dass auch Güter zuverlässig erfasst werden. Allerdings sei dann auch der Installationsaufwand deutlich höher. Sein Zeitvergleich zwischen den Jahren 2011 und 2017 zeigte auf, dass die Kosten für Geräte und Installationszeit industrieller Indoor-Lokalisierungen bereits um fünf Sechstel gesunken sind – und die Entwicklung gehe sehr dynamisch weiter. http://www.ecom-ex.com
Vortragsfolien (pdf, 21 Seiten).
Die Kinexon GmbH setzt bevorzugt UBW für die hochgenaue Echtzeit-Lokalisierung ein. Wie Nikolai von Loeper ausführte, arbeitet UBW mit aktiven Signalen, d. h. die Tags bzw. Signalgeber benötigen Energie (Batterie, Akku oder Kabel). Dafür erreicht die Technologie eine relativ hohe Reichweite bei gleichzeitig guter Genauigkeit für die Positionsbestimmung von Personen und Fahrzeugen. Ob optisch, ob funkbasiert oder ob akustisch – aus physikalischen Gründen gelten alle gängigen Lokalisierungsverfahren als relativ anfällig gegenüber Störgrößen. Diese Thematik lässt sich derzeit nur durch das Zusammenspiel von ausgefeilter Technik und durchdachten Algorithmen lösen. http://www.kinexon.com
Daher war Karin Loidl vom Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS überzeugt, mit dem hochfrequenten Mobilfunkstandard 5G eine Lösung der Zukunft vorstellen zu können. 5G liege in der Genauigkeit und Reichweite zwischen GPS und LTE, also bei ca. 15 bis 30 cm. Es eigne sich damit gut für das Tracken von Waren. Bei größerer Installationsdichte lasse sich die Genauigkeit weiter steigern. Das System könne kabellos arbeiten. Allerdings sei eine Synchronisation nötig. Die Technik werde in fünf bis sieben Jahren verfügbar sein. Derzeit werde in intensiv an unterschiedlichen Anwendungsszenarien geforscht. http://www.iis.fraunhofer.de
Vortragsfolien (pdf, 12 Seiten).
Fazit: Die Indoor-Lokalisierung darf als ein – wenn nicht der – wesentlicher Baustein für Industrie 4.0-Lösungen gelten. Bei den Echtzeit-Ortungssystemen gibt es große Entwicklungsfortschritte. Bereits heute lassen sich die verfügbaren Lösungen unter vertretbarem Aufwand für Intralogistik-Aufgaben einsetzen. Die technologische Entwicklung ist sehr dynamisch, was für die Zukunft vielfältige Anwendungsfälle erwarten lässt.