Betriebskonzepte für komplexe Anlagen im Logistikzentrum: Neue Ansätze für Facility-, Ersatzteil- und Instandhaltungsmanagement

Der Automatisierungsgrad nimmt zu und die Abläufe im Logistikzentrum werden immer vielschichtiger: Das sind große Herausforderungen für die Anlageninstandhaltung. Im Fokus steht dabei nicht alleine die technische Verfügbarkeit. Besonders bei komplexen Anlagen steigen die Betriebskosten mit der Nutzungsdauer der Anlage überproportional an, weshalb Wartung und Instandhaltung auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht besonderes Augenmerk verdienen, leitete Dr. Jörg Pirron, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Intralogistik-Netzwerks in Baden-Württemberg e.V. und Geschäftsführer der PROTEMA Unternehmensberatung GmbH, in das Expertenforum am 16.03.2017 während der LogiMAT ein.

Rainer Busch und Pascal Waldvogel von der Kardex Group stellten die Spannbreite unterschiedlichen Betriebskonzepte dar: Auf der einen Seite stehen Anlagen, die vom Eigentümer gewartet werden, auf der anderen Seite stehen Full-Services bzw. Betreiberkonzepte, in denen der Hersteller für den Anlagenbetrieb garantiert. Heutige Realisierungen bewegen sich im Mittelfeld, d. h. Eigentümer und Hersteller betreiben die Anlage gemeinsam. In ihrem Vortrag „Road to Service Excellence” gingen sie folglich auf zwei unterschiedliche Ausprägungen im Mittelfeld ein. Mit Kardex-Remote Assistance werden Zustandsüberwachung und Nothilfe unterstützt, um die Ausfallzeiten einer Anlage zu minimieren. Einen Schritt weiter geht Kardex-Remote Analytics: Dieses Konzept zielt mit frühzeitiger Problemerkennung und Prozessoptimierung auf die Vermeidung von Ausfällen.

Thomas Seiler, Teamleader System Operation Roche, und Heinrich Lüthi, Head of Customer Service, Swisslog GmbH, beschrieben ihren Vortrag „24/7 Support – Präventive Wartung & Instandhaltung“ das „Condition Monitoring“, ein IT-Modul, welches anlässlich der diesjährigen LogiMAT als bestes Produkt ausgezeichnet wurde, und im Anlagenbetrieb folgende Möglichkeiten bietet:

  • Feststellung der Anzahl von Bewegungen bis zum Fehlerfall,
  • systemübergreifende Datenerfassung,
  • Sichtbarmachen der Instandhaltung,
  • Fokussierung auf einzelne Elemente,
  • gezielte Instandhaltung,
  • Trendanalyse.

Es ermöglicht ein Life-Cycle-Management der Anlagen, so dass sie unabhängig vom Installationszeitpunkt mittels ständiger Anpassung „wie neu“ funktionieren.

Benedikt Rauscher, Leiter Globale IoT / I4.0 Projekte der Pepperl+Fuchs GmbH, erläuterte das „Condition Monitoring mit Industrie-4.0-Sensorik und -Kommunikation für eine smarte Instandhaltung“. Er schilderte zum einen, welchen Beitrag heutige Sensortechnologie zur Anlagenüberwachung zu leisten imstande ist, zum anderen, welche Sperre die Steuerungsebene in automatisierten Anlagen darstellt, um die Vielzahl der unterschiedlichen Daten zu verarbeiten. Derzeit wird mit Adaptern und Mit IoT-Gateways versucht, diese Sperre zu umgehen. Zwar sind heutige Wartungskonzepte noch zu 70% korrektiv (es ist ein Defekt aufgetreten und wird behoben), 24% präventiv (es wird aus einer Vermutung heraus agiert, obwohl tatsächlich noch keine Notwendigkeit besteht), 5% zustandsbasiert (entsprechend dem aktuellen Stand der Anlage), und erst zu 1 % prädiktiv (es wird ein konkreter Defekt in naher Zukunft erwartet und gezielt agiert). Das lasse vermuten, dass bei den Anlagen-Eigentümern noch wenig Interesse an zustandsbasierten Daten vorhanden sei. Doch für die Weiterentwicklung der Anlagen seien diese Daten schon heute für die Hersteller sehr interessant, was ihm seine Podiumskollegen bestätigten.

Fazit: Heute scheint das Interesse an einer Erhöhung der Anlagenverfügbarkeit gegenüber einer Kostensenkung in der Wartung noch zu überwiegen – dies dürfte sich in naher Zukunft allerdings ändern. Zwar gibt es bereits vielversprechende Ansätze, doch insgesamt ist die Instandhaltung längst noch nicht ausreichend auf die Industrie 4.0 vorbereitet.

Alle Vorträge werden in Kürze auf der Website der LogiMAT angeboten: http://www.logimat.de.

Das Thema „Instandhaltung“ wird derzeit auch in der I.N.Fachgruppe „Kommissionierung ausgeleuchtet. Deren nächstes Treffen findet am 18. Mai 2017 statt. Hier finden Sie dessen Programm.